Bereits bei der Bestandsaufnahme im Vorgängerprojekt EnEff HCBC – Demonstration eines innovativen Wärmeenergiemanagement für ein Bestandsquartier hatte sich gezeigt, dass die statischen Parameter für die energetischen Analysen wie etwa die gebäude- und anlagenspezifischen Kennwerte gut erfasst werden konnten. In den dynamischen Betrachtungen waren die Beteiligten jedoch in Ermangelung ausreichend hoch aufgelöster Nutzungs-, Betriebs- und -Zustandsdaten häufig auf Abschätzungen angewiesen. Dies führt insbesondere bei den Simulationsanalysen zu Unsicherheiten hinsichtlich der Validität der Ergebnisse. Wesentlicher Baustein des HCBC-Projektes ist daher der Aufbau eines einheitlichen und zuverlässigen Monitoring-Netzwerkes für den gesamten Hochschul-Campus Berlin-Charlottenburg. Die geplante Infrastruktur soll dabei nicht nur als Werkzeug zur Erfolgskontrolle dienen, sondern auch die notwendigen dynamischen Grunddaten für die weitere Optimierung und Weiterentwicklung des energieeffizienten Hochschul-Campus in angemessener Qualität und Auflösung liefern.
Die Ausgangslage
Derzeit werden vor allem monatliche und jährliche Verbrauchswerte (Strom, Fernwärme) über die Versorger erfasst. Zusätzlich stehen zum Teil Betriebsdaten der Gebäudetechnik zur Verfügung. Allerdings handelt es sich um heterogene Daten in unterschiedlichen Formaten und unterschiedlichen Zugriffsmethoden. Eine systematische Erfassung von Betriebs- und Nutzungsdaten – zumal in wenigstens stündlicher Auflösung – erfolgt nicht.
Das Untersuchungsgebietes umfasst eine Gesamtfläche von rund 6 km2 mit Gebäuden unterschiedlicher Dimension, Materialität und Ausstattung. Die vorhandene Infrastruktur besteht jedoch überwiegend aus zweckgebundenen Insellösungen und den Haus- und Drahtlosnetzen beider Universitäten, sodass eine flächendeckende Anbindung derzeit nicht gegeben ist.
Die einzelnen Partner des laufenden Projektes, aber auch die universitären Verwaltungen und ggf. externen Institutionen haben durchaus unterschiedliche Anforderungen an die Informationstiefe, die Messhäufigkeit, die Erfassungsdauer und den Datenschutz. Die Schwerpunkte reichen hier von der Forschung im Bereich Gebäude und TGA über die reale Betriebsoptimierung bis hin zur Generierung von Trainingsdaten für Machine-Learning-Anwendungen oder auch Aspekten des Arbeitsschutzes (z.B. Hitze- und CO2-Belastung).
Die Anforderungen
Hieraus ergibt sich ein umfassender Anforderungskatalog an das neue Monitoring-Netzwerk für den Hochschul-Campus Berlin-Charlottenburg:
- Es soll eine campusweite Lösung entwickelt werden, die die Möglichkeit bietet, bestehende wie auch ggf. externe Infrastrukturen (Netze, Leittechnik, Sensoren usw.) einzubinden.
- Die Kernkomponenten sollen unabhängig von der Art der Netzanbindung sowie ausfallsicher und redundant sein.
- Die erhobenen Daten sollen zentral archiviert und unter Beachtung des Datenschutzes für den jeweiligen Zweck verfügbar sein.
- Die individuelle und selektive Datenerfassung soll für die einzelnen Interessengruppen möglich sein.
- Das Monitoring-Netzwerk soll u.a. mit Blick auf die Validierung der Projektergebnisse über die Projektlaufzeit hinaus betrieben werden.
- Die Bereitstellung von Messdaten für externe Projekte soll grundsätzlich möglich sein. Die Klärung der hieraus entstehenden Fragen des Datenschutzes werden im Rahmen des Konzeptes nicht untersucht und sind individuell abzuklären.
- Die eingesetzten Kernkomponenten sollen allgemein eingeführte Standards einhalten und soweit möglich auch als Open-Source-Lösungen zur Verfügung stehen.
- Das Monitoring-System soll sich hinsichtlich der gebäude- und anlagenbezogenen Messdaten weitgehend am vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Zusammenhang mit der Begleitforschung für das Forschungsprogramm Energiewende Bauen herausgegebenen Messleitfaden für Demonstrationsvorhaben im Bereich „Energie in Gebäuden und Quartieren“ orientieren und die dort vorgeschlagenen Schnittstellen soweit möglich zur Verfügung stellen.
Das Konzept
Auf Grundlage des Messleitfadens für Demonstrationsvorhaben im Bereich „Energie in Gebäuden und Quartieren“ des BMWi und den genannten speziellen Anforderungen an das geplante Monitoring-Netzwerk für den Campus Berlin-Charlottenburg hat die UdK Berlin in Abstimmung mit den Projektpartnern der TU Berlin einen ersten Infrastruktur-Entwurf erarbeitet.
Es erscheint dabei sinnvoll, nicht auf eine klassische Client-Server-Architektur zurückzugreifen, sondern sich auf geeignete Dienste zu beschränken, die eine flexible und hardware-unabhängige Nutzung der Daten in nahezu Echtzeit für die jeweiligen Nutzer ermöglicht.
Den Kern dieser Dienste bilden zwei aus Redundanzgründen in voneinander unabhängigen Strom- und Informationsnetzen (z.B. TU Berlin-Netz und UdK Berlin-Netz) angesiedelte sogenannte Broker. Jede Messstelle meldet sich bei mindestens einem der beiden Broker an und sendet ihre Identifikations- und Messdaten (Topic/Value) – idealerweise versehen mit einem Zeitstempel – dorthin (Publishing). Jede der vom Broker empfangenen Datensätze kann nun nutzerseitig abonniert werden (Subscribing). Auch hier erfolgt eine Anmeldung beim Broker mit der Angabe der gewünschten Informationen anhand der Identifikationsdaten. Die Broker leiten von nun an jede Nachricht, die den Identifikations-Kriterien genügt, an den Abonnenten weiter.
Als gemeinsames Kommunikationsprotokoll soll das Message Queuing Telemetry Transport (MQTT) genutzt werden, das sich aufgrund der geringen Netzbelastung bei hoher Zuverlässigkeit und Datensicherheit im wissenschaftlichen und kommerziellen Bereich etabliert hat. Entsprechende Broker und Publisher-/Subscriber-Clients sind für nahezu alle Plattformen und Anwendungen als Open-Source verfügbar. Darüber hinaus weist die Mehrzahl der am Markt verfügbaren Systeme zur Messdatenerfassung und -verwaltung geeignete Schnittstellen auf.
Für die zentrale Archivierung soll mindestens ein zeitreihenbasierter Datenbankdienst (z.B. influxdb) eingerichtet werden, der sämtliche Topics bei den Brokern abonniert und speichert. Auch hier scheint die redundante Anordnung zweier Systeme in voneinander unabhängigen Strom- und Informationsnetzen (z.B. TU Berlin-Netz und UdK Berlin-Netz) im Sinne der Datensicherheit sinnvoll. Hier sollen auch die im oben genannten Messleitfaden für Demonstrationsvorhaben im Bereich „Energie in Gebäuden und Quartieren“ vorgeschlagenen Export-Schnittstellen angesiedelt werden.
Die vorgeschlagene Lösung bietet mehrere Vorteile:
- Jeder Nutzer hat zu jeder Zeit Zugriff auf die für ihn relevanten aktuellen Daten und ist für die Aufbereitung und Speicherung selbst verantwortlich.
- Der zentrale Verwaltungsaufwand für die Infrastruktur beschränkt sich daher auf den Betrieb der Broker und der Archivdatenbank(en).
- Die Belastung für die genutzten Datennetze ist auf Grund des resourcenschonenden Publish/Subscribe-Prinzips gering. Bestehende Datennetze können daher ohne Bedenken eingebunden werden.
- Das einheitliche und etablierte Kommunikationsprotokoll ermöglicht die Einbildung sowohl kommerzieller als auch proprietärer Messeinrichtungen sowie externer Daten.
Erste Erprobung
Die UdK Berlin hat das vorgeschlagene Konzept als Mockup realisiert. Dazu wurde exemplarisch zur Erprobung des Monitorkonzeptes einen Broker und eine Datenbank eingerichtet sowie sowohl das Gebäudeleittechnik-System (Betriebszustände, solare Stromproduktion usw.) als auch die Innenraum- und Umweltsensorik (Temperatur-, Feuchte-, CO2, Solarstrahlungsmessung u.a.) des solaren Rooftop-Experimental-Gebäudes eingebunden. Im Weiteren wird gemeinsam mit den Projektpartnern verschiedenartige Sensorik an unterschiedlichen Standorten des Campus als Publisher konfiguriert werden.
Nach Abschluss der Testphase an diesem Einzelgebäude soll das Monitornetzwerk im weiteren Verlauf des HCBC-Projektes sukzessive auf den gesamten Gebäudebestand des Hochschulcampus Charlottenburg erweitert werden.
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