Via Materialia
Die Straße zu den Materialwissenschaften
Wir spielen Uni – Auf der ViaMaterialia gelingt der Studienbeginn
Eine Frage kann nur gut sein, wenn sie auch gestellt wird! Dozent*innen fragen sich wie sie ihre Großveranstaltung gestalten werden. Studienanfänger*innen fragen sich auf was es wohl in dieser neuen Uniwelt ankommt, um zum Ziel zu kommen. Wie aktiviere ich den Hörsaal? Wann hat es bei mir damals ‚klick‘ gemacht? Welche Skills machen aus Student*innen Expert*innen? Was haben Sie davon im Hörsaal gelernt? Um ein Hochschulstudium erfolgreich abzuschließen, bedarf es mehr als fachlicher Kompetenzen. In diesem Lehrprojekt wählen wir einen spielerischen Ansatz, der Studienanfänger*innen ermöglicht, die nötigen Kompetenzen für einen erfolgreichen Start ins Studium anzueignen. Sie werden befähigt, sich eigenständig auf den Weg zu machen und zu Expert*innen zu werden.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
Was Sie Ihren Studierenden nicht erzählen, um ihre Fähigkeiten zu steigern
Für die Studierenden haben wir die Veranstaltungen Werkstoffkunde I und II komplett auf den Kopf gestellt, mit dem Ziel Lernprozesse nachhaltig und Transfer wirksam zu gestalten. Dafür haben wir ein 3D-Lernspiel erarbeitet, das die Studierende spielerisch durch die Themenschwerpunkte von Werkstoffkunde führen soll. Dazu haben wir die Inhalte unseres fein abgestimmten Curriculums für jedes Wochenthema in eigenständig zu erarbeitende Elemente und teilweise oder vollständig geleitete Elemente unterteilt. Für jede wöchentliche Präsenzveranstaltung werden einige ausgewählte grundlegende Inhalte vorausgesetzt. Zur Unterstützung werden den Studierenden hierfür Selbstlernmaterialien an die Hand gegeben, zu denen auch das 3D Spiel gezählt wird. Durch diese eigenständige Auseinandersetzung der Hörerschaft mit den Inhalten werden mehrere positive Effekte erzielt. Zunächst dient dies der Annäherung an die Themen. Vorwissen, sowie eine Erwartung zu den Inhalten wird generiert. Zu Beginn jeder Veranstaltung wird durch eine Fragerunde ein gemeinsamer Wissensstand für jedes Thema gefestigt. Weiterhin bietet dieses Vorgehen für die Studienbeginner*innen eine Möglichkeit, die notwendigen Methodenkompetenzen zu entwickeln, sich neuen fachlichen Inhalten anzunähern. Durch wiederholtes Exerzieren von eigenständiger Erarbeitung und gemeinsamer Reflexion verbessert sich die Selbsteinschätzung der entwickelten persönlichen Arbeitsweisen – Fertigkeiten, die den Studierenden auch für andere Fächer zu Gute kommen. Durch die so aufgebaute Wissensbasis ist es im Verlauf der Präsenzveranstaltung möglich, tiefergehende Fragen in einer Mischung aus Präsentation und Fragestellungen zu diskutieren. Aktivierende Elemente wie Demonstrationsversuche helfen, Diskussionen anzuregen und fachliches Wissen praxisnah zu transportieren. Darüber hinaus wird die Gelegenheit geboten, die wichtigen Fähigkeiten “wissenschaftliche Beobachtungen tätigen” und “kritische Fragen stellen” zu üben.
Wie die Studierenden durch Routine auf eine solide Basis kommen
In der wöchentlichen Routine der Veranstaltung werden neue Inhalte zunächst im Selbststudium erarbeitet. Neue Inhalte werden auch in der Präsenzveranstaltung angeboten. Die Verarbeitung und Vertiefung des
neu erlernten Wissens geschieht einerseits gemeinsam in den Diskussionen der Präsenzveranstaltung, sowie eigenständig in der Nachbereitung der Inhalte. Dies geschieht wieder mit bereitgestellten Materialien, wie dem 3D-Lernspiel, oder Aufgaben, die auf das Praktikum hinführen. Im Praktikum selbst bietet sich die Möglichkeit, die erlernten Sachverhalte in Experimenten anzuwenden. Diese ausgewogene Mischung aus passiven und aktivierenden, sowie eigenverantwortlichen und geleiteten Elementen erzeugt langfristig Sicherheit in der Fachkompetenz.
Wie wir die Wissensbasis in einer Massenveranstaltung homogenisieren
Die Lösung hierfür: Tools ins Leben rufen, die zum Selbststudium animieren! Das hat im besten Fall zur Folge, dass einerseits die Lehrkräfte entlastet werden und die sich Studierenden andererseits tiefgründig mit der Materie auseinandersetzen.
An deutschen Hochschulen sind digitale Medien in der Lehre bereits weit verbreitet und erfreuen sich großer Beliebtheit bei Studierenden. Im Vordergrund stehen vor allem E-Learning und Blended-Learning-Ansätze, die sowohl die Lernbereitschaft der Studierenden steigern als auch das kooperative, vernetzte Arbeiten untereinander fördern sollen [1]. Diese Art der digitalen Lehransätze ermöglichen – auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden internationalen Vernetzung – die heterogenen Vorkenntnisse der Studierenden anzugleichen und damit möglichen (lernhinderlichen) Frustrationen aus dem Weg zu gehen. Damit wird jedem Studierenden unabhängig vom individuellen Lerntyp und der Größe des Hörerkreises ermöglicht, seine Lernpotentiale maximal auszuschöpfen. In der wöchentlichen Routine der Veranstaltung werden neue Inhalte zunächst im Selbststudium erarbeitet. Neue Inhalte werden auch in der Präsenzveranstaltung angeboten. Die Verarbeitung und Vertiefung des neu erlernten Wissens geschieht einerseits gemeinsam in den Diskussionen der Präsenzveranstaltung, sowie eigenständig in der Nachbereitung der Inhalte. Dies geschieht wieder mit bereitgestellten Materialien, wie dem 3D-Lernspiel, oder Aufgaben, die auf das Praktikum hinführen. Im Praktikum selbst bietet sich die Möglichkeit, die erlernten Sachverhalte in Experimenten anzuwenden. Diese ausgewogene Mischung aus passiven und aktivierenden, sowie eigenverantwortlichen und geleiteten Elementen erzeugt langfristig Sicherheit in der Fachkompetenz. Wie die Studierenden durch Routine auf eine solide Basis kommen
1. Tool: 3D-Lernspiel
Eine Möglichkeit stellt hier das “Gaming” dar, das gerade für die akademische Wissensvermittlung zunehmend interessanter wird. Beim Gaming kommen Lernspiele in der Lehrveranstaltung oder ergänzend zum Einsatz. Sie zielen darauf ab, auf die Alltagswelten der Lernenden zu rekurrieren und somit einen weniger theoretischen Bezugsrahmen der Lerninhalte zu bieten [2]. Der Einsatz solcher Spiele und die steigende Anzahl an Studierenden an Hochschulen erfordert zeitgleich eine Verbesserung der universitären IT-Ausstattung. Inzwischen sind ausreichend große Serverkapazitäten vorhanden, um aufwendige 3D-Simulationen nicht nur einzelnen Studierenden, sondern ganzen Semesterkohorten anzubieten. Hierbei können auch Elemente der Gamification zur Motivationssteigerung gezielt didaktisch genutzt werden.
Im Rahmen von tu wimi plus haben wir ein virtuelles Lernspiel für die Lehrveranstaltung Werkstoffkunde entwickelt. Die Anforderungen an das Spiel wurden mit Hilfe einer Evaluation an die Studierenden ermittelt und eingearbeitet. Wie in den Abbildungen 1 und 2 zu sehen, enthält das Spiel ein 3D-Labor, in dem jede*r Studierende eigenverantwortlich tätig werden darf.
Das Lernspiel enthält zurzeit zwei Level mit unterschiedlichen Lernniveaus. Jedes Level beginnt mit einer defekten Maschine, die mit Hilfe werkstoffwissenschaftlicher Grundlagen repariert werden soll. Neben den Fachkenntnissen ist die Reparatur der Maschine nur möglich, wenn im Labor experimentiert wird und die Ergebnisse korrekt evaluiert werden. Die Neugier und die Möglichkeit selbstständig Experimente
durchzuführen, ohne dabei Laborpersonal oder -geräte zu gefährden, soll die Lernbereitschaft und die freiwillige Auseinandersetzung mit werkstoffwissenschaftlichen Inhalten stärken.
Ein solches Experimentieren ist im Rahmen des regulären Ingenieurstudiums an der TU Berlin nur bedingt möglich. Insbesondere durch den eingeschränkten Zugang zu Maschinen und den mitunter großen
Hörerkreis in den entsprechenden Studiengängen an der TU ist das Arbeiten bzw. Experimentieren in einem realen Kontext für die Lehre kaum möglich. Hier bieten Gaming-Konzepte gegenüber den bisher etablierten Lehrformaten eine große Chance. So lassen sich Kompetenzen (z.B. Sorgfalt, Sicherheit, Disziplin etc.) trainieren, die bisher kaum explizit als Lernziele adressiert werden können, obwohl sie im späteren beruflichen Alltag in hohem Maße gefordert sind. Unabhängig davon ist anzumerken, dass die Nutzung von Lernspielen dazu beitragen kann, dass tatsächlich jede*r Einzelne aktiv an dem Lernprozess teilnimmt, wohingegen in Veranstaltungen wie Vorlesungen, Seminaren oder Kleingruppenpraktika häufig nur einzelne in Interaktion mit den Dozierenden treten.
Auch wenn prinzipiell angenommen werden könnte, dass digitale Lehr-Interventionen insbesondere auch für das Selbststudium geeignet sind, so lässt sich zumindest für den Einsatz im Ingenieurstudium feststellen, dass die Verantwortung im Labor (auch wenn nur simuliert) einen nicht unerheblichen Stress und Leistungsdruck erzeugt. Aus diesem Grund sollten Studierende unbedingt durch erfahrene Dozierende begleitet werden, insbesondere für den Fall, dass die Maschine im Spiel nicht repariert wird. Gerade dann sind ein professionelles Feedback und die gemeinsame Fehleranalyse von großer Bedeutung, damit auch aus solchen Situationen ein Lernerfolg generiert werden kann.
Dementgegen steht der Personalaufwand, den eine Integration des Spiels in die Präsenzlehre mit sich bringt. Neben der Voraussetzung einer guten IT-Infrastruktur werden Dozierende gebraucht, die nicht nur bereit sind, sich auf neue Lehrformate und Methoden einzulassen, sondern auch auf die spezielle Software geschult sind.
2. Tool: Web-Apps
Im Rahmen des Projektes konnten wir interaktive Lern-Apps entwickeln und auf unsere Anforderungen zuschneiden. Ebenso wie im Lernspiel werden hier Experimente simuliert. Beide dienen als Materialien für die Vor- und Nachbereitung. Studierende können sich im eigenen Tempo und mit beliebig vielen Wiederholungen mit den Inhalten auseinandersetzen. Die Lern-Apps erleichtern die Auseinandersetzung mit theoretischen Modellen, und der qualitativen und numerischen Auswertung der simulierten Versuche. Daher lassen sich mit Hilfe dieser Apps sowohl generelle Überlegungen überprüfen, als auch konkrete Aufgaben lösen. Die Lern-Apps sind im 3D-Lernspiel als Quelle hinterlegt und lassen sich von dort aus benutzen um Aufgaben zu lösen.
Literatur
[1] Pfau, W. [Hrsg.]; Baetge, C. [Hrsg.]; Bedenlier; S. [Hrsg.] et al. (2016): Teaching Trends 2016.
Digitalisierung in der Hochschule: Mehr Vielfalt in der Lehre. Münster: Waxmann, 2016.
[2] Mayr, P.; Bendl, H.; Mörike, F. (2015): Einsatzmöglichkeiten von Serious Games in der Hoch-
schullehre.
Fachgebiet Werkstofftechnik
Leitende*r:
Prof. Dr.-Ing. Claudia Fleck
Sekretariat EB 13
Straße des 17. Juni 135
10623 Berlin
claudia.fleck@tu-berlin.de
Projektbeteiligte:
Prof. Dr.-Ing. Claudia Fleck,
Dip.-Ing. Jonas Bansemer,
M. Sc. Dominique Weimann