Alexander Wedel


An der TU Berlin bin ich …

… seit April 2016. Ich war zu der Zeit auf der Suche nach einem Promotionsthema und einem Ort, an dem ich Neues lernen und spannende Herausforderungen finden kann. Das Thema in der Ausschreibung hieß „Diagnostische Kompetenz“ und es ging um Lehrkräftebildung. Gut, dachte ich, mit Diagnostik habe ich mich schon mal beschäftigt und wenn dann auch andere etwas von meiner Forschung haben, wäre das schon toll. Vielleicht kann ich ein paar Lehrerinnen und Lehrer dazu bewegen, mit ihren Schülerinnen und Schülern mit Neugierde, Verständnis und Fürsorge zu begegnen.

Zuvor war ich …

… für einige Zeit an der TU Dresden und habe da in der Biografieforschung gearbeitet. Es ging darum, herauszufinden, welche Bedeutung bestimmte objektive Lebensverläufe dafür haben, wie Menschen ihr eigenes Leben konzipieren. Beispielsweise der Zivildienst, Wissenschaftskarriere oder eine Diagnose baldigen Sterbens. Es war sehr spannend, herauszuarbeiten, dass diese Art von Lebensumständen sehr ähnliche Auswirkungen auf Menschen, ihre Selbstwahrnehmung und biografische Orientierung haben. Aber auch zu sehen, wie trotz enger Vorgaben der objektiven Gegebenheiten für kognitive Vorgänge immer wieder kleine Freiräume abgerungen und genutzt werden.

In meiner eigenen Studienzeit …

…, es war noch ein Diplomstudium, habe ich mich an vielen Themen ausprobiert, von Medizin über Geschichte und Biologie bis hin zu meinem eigentlichen Studienfach Erziehungswissenschaften. Am Ende hat mich doch immer wieder interessiert, was Personen diesen ganzen Erkenntnissen als sinnstiftendes Element abgewinnen können. Es ist immer wieder erstaunlich, wie wir es schaffen, eine Rolle auf einem Gesteinsbrocken zu finden, den es auch ohne uns gibt. Carl Sagan hat diese Verwunderung mit diesem Bild ausgedrückt: Von überall anders als von hieraus gesehen, ist die Erde ein winzig kleines Staubkörnchen im Kosmos. Wie kommen Menschen dazu, zu versuchen, ein wenig mehr von diesem Pünktchen für sich zu haben? Kriege darum zu führen? Oder zu denken, dass sie überhaupt eine Rolle zu spielen? Diese egozentrische Disposition ist schon erstaunlich. Man kann sich ihr auch nicht immer erwehren.

An der Lehre finde ich spannend …

… wie Studierende sich mit neuem Wissen und dem eigenen Denken auseinandersetzen. In jedem Kopf geht etwas Anderes vor und ich freue mich innerlich immer besonders dann, wenn es Gelegenheit gibt, sich damit zu beschäftigen. Es ist wichtig, dass Studierende die Möglichkeit haben, etwas über ihr eigenes Denken herauszufinden. Oft führen Erkenntnisse in diese Richtung dazu, dass Fachinhalte sehr tiefgehend gelernt werden, da sie auch eine persönliche Bedeutung bekommen. Sowas geht natürlich nicht immer, man kann sich aber um Anregung bemühen.

Typisch für mich und meine Art der Lehre ist …

… dass ich Studierende auch herausfordere und dadurch eher in Beziehung zu ihnen gehe. Ich frage Studierende, welche Rahmenbedingungen sie brauchen, um gut lernen zu können und lasse mich auf didaktische Experimente ein, wenn sie gut durchdacht sind. Mein Ziel ist, dass Studierende selbst über ihre Bildung entscheiden und dadurch an Lernmotivation und –kompetenz gewinnen. Das geht nur, wenn sie sich ausprobieren. Dabei unterstütze ich so gut ich kann, durch Freiräume, Anforderungen und Vorschläge.

Schwierigkeiten in der Lehre habe ich …

… mit einem engen Curriculum und Studierenden, die ihre Zeit absitzen. Es kommen viele spannende Themen auf, die man aus Zeitgründen nicht weiterverfolgen kann. Und es gibt schließlich auch andere Veranstaltungen, die besucht werden wollen. Wenn man zu Lehrveranstaltungen kommt, weil man ‚sollte‘, dann ist diese Zeit oft verschenkt. Natürlich kann man nicht immer hochkonzentriert sein, aber man kann für sich Gründe finden, warum man trotz Durchfeiern zu einer Veranstaltung geht und sich vornehmen, so gut es geht dabei zu sein.

Für den Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden wünsche ich mir …

… dass Studierende geduldig mit den Lehrenden sind. Fast keine Person, die lehrt, ist ausgebildete Lehrkraft. Wir arbeiten durch Weiterbildungen und kollegialen Austausch daran, dieses Defizit aufzuholen. In anderen Ländern sind Lehr- und Forschungsbetrieb stärker getrennt, so dass Lehrpersonal auch mehr Lehrkompetenz hat. Dann nehmen aber die Hürden im Transfer von Forschung und Lehre zu. Für Lehrende im deutschen Wissenschaftssystem sind deswegen die Lehrveranstaltungen immer auch Lerngelegenheiten. Wir sind für ehrliches Feedback dankbar, besonders wenn es weniger als Urteil und mehr als Unterstützung gedacht ist.

Mein bisher schönstes „Lehr-Erlebnis“ …

… war ein Referat einer Studierenden. Das war schon kein Referat mehr, sondern ein unausweichlicher Bildungsprozess. Ich konnte gar nicht mehr richtig beobachten und bewerten, sondern war die ganze Zeit am Verstehen. Fachlich. Sie hatte das Thema so durchdrungen, dass Sie mit extrem intuitiven und eingängigen Beispielen arbeiten konnte und hatte Übungsaufgaben mitgebracht, die einem die Theorie haben erleben lassen. Das war grandios. Ich habe mich dann sehr bedankt, die anderen Studierenden auch. Phantastisch.

Mein Lieblingsort an der TU Berlin ist …

… mein Büro. Ich habe das große Privileg, ein eigenes Büro zu haben und da dann auch sehr liberal mit meiner Ordnung sein zu können. Es hängt viel an den Wänden, alles hat seinen Platz und es gibt keine Vorgaben, wo etwas sein sollte. Ich kann mir meine dingliche Arbeitsumgebung so gestalten, wie es für mich passt. Dieses Vertrauen motiviert mich sehr und ich fühle mich dadurch sehr wohl.

Und wenn ich mal nicht lehre …

… verfolge ich hier spannende Sachverhalte, arbeite zusammen mit klugen Köpfen, versuche die nächste Frist doch noch einzuhalten, lamentiere über kapitalistische Zwänge und spirituellen Eskapismus, bekomme Ausgleich mit Sport und freue mich, dass an der TU Berlin all das für mich möglich ist.