Koalitionsvertrag vereinbart Stärkung der Bürgerrechte im Digitalen

Ja!

Der gestern präsentierte Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP greift viele Forderungen aus der Zivilgesellschaft auf, u.a.

  • Überprüfung der Sicherheitsgesetze in einer Überwachungsgesamtrechnung, die wissenschaftlich evaluiert wird
    (statt wie bisher: massive Ausweitung der Befugnisse und Staatstrojaner-Einsatz)
  • Videoüberwachung und biometrische Identifizierungen sollen im öffentlichen Raum (weitgehend) unterbleiben
    (statt wie bisher diskutiert: Digitale Kontrolle des öffentlichen Raumes ausweiten)
  • Meldepflicht von Sicherheitslücken an das BSI durch staatliche Stellen
    (statt wie bisher: diese einzukaufen um sie für Onlinedurchsuchungen / Staatstrojaner zu nutzen oder als Angreifer Hackbacks vorzunehmen)
  • Neuausrichtung des BSI als unabhängigere IT-Sicherheits-Instanz
  • ein Recht auf sichere Verschlüsselung
    (statt wie bisher: Aushöhlung und Hintertüren)
  • Legalisierung der Aufdeckung von Schwachstellen „responsible disclosure“
    (statt wie bisher: Strafverfolgung)
  • Herstellerhaftung für Schäden, die fahrlässig durch IT-Sicherheitslücken verursacht werden
    (statt wie bisher: Bitten um Produktverbesserung)
  • Ersatzteile und Updates sollen für die gesamte Lebenszeit von Produkten verfügbar sein
    (statt wie bisher: Hoffen auf freiwillige Selbstverpflichtung)
  • Open Source und offene Standards sollen bei öffentlichen Softwareentwicklungsprojekten die Regel sein „public money for public code“
  • Anonyme / pseudonyme Nutzung von Diensten soll möglich sein
    (statt wie bisher diskutiert: Klarnamenpflicht)
  • Regelungen zur Anonymisierung von Daten sowie Strafbarkeit von De-Anonymisierung

Es bleibt spannend, wo die Reise hingeht und was  letztendlich realisiert wird.

Datenschutz spielt im Spannungsfeld der Digitalisierung eine große Rolle. Dazu gibt es explizite Verlautbarungen in dem Papier:

Die Datenschutzkonferenz (DSK) soll durch eine Institutionalisierung gestärkt werden und der Bundesdatenschutzbeauftragte mehr Kompetenzen erhalten. Der Beschäftigtendatenschutz soll verbessert werden und eine ambitionierte E-Privacy-Verordnung soll auf EU-Ebene umgesetzt werden (Seitens der EU-Kommission wurde der Entwurf gerade aufgeweicht, eine Folge des Lobbyeinflusses der Werbeindustrie).
Hier sind die Aussagen leider (noch) nicht konkret genug.

Bei der Nutzung von Gesundheitsdaten sowie Forschungsdaten soll ein vereinfachter DSGVO-konformer Zugriff für öffentliche und private Forschung möglich sein, hier kommt es auf die Ausgestaltung an. Datenschutzrechtlich problematisch könnte z.B. die elektronische Gesundheitsakte werden, da hierbei keine Zustimmung „Opt-In“ mehr gelten soll, sondern ein aktiver Widerspruch „Opt-Out“ angedacht ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Ampel-Koalition bei der „digitalen Souveränität der Bürger“ einiges vorgenommen hat, von den als nicht verfassungskonform eingeschätzten Gesetzen aus der letzten Amtsperiode der GroKo werden etliche novelliert werden müssen. Wir setzen darauf, dass sich die neuen Gesetze klar am Grundgesetz orientieren und nicht -so wie bisher leider oft geschehen- die Grundrechte der Bürger zugunsten des kontrollierenden Staates stückweise aushöhlen. Dass regelmäßig Gesetze höchstrichterlich gekippt werden, ist kein Zustand (Stichwort Vorratsdatenspeicherung oder Privacy Shield). Gesetze müssen verfassungskonform gestaltet werden. So kann wieder mehr Vertrauen in die Politik entstehen.

Es ist eine Trendwende.
Mit der CDU wäre das nicht möglich.

Und auch die Gefahr einer Verstetigung der durch die Pandemie erforderlichen Grundrechtseinschränkungen ist vielleicht noch nicht gebannt, aber zumindest haben die Koalitionäre die Stärkung der Bürgerrechte auf der Tagesordnung!

Und das ist gut so!

Am Rande:

Die Hochschulen sollen weiter mit Bundesmitteln unterstützt werden, der Hochschulpakt weitergeführt und die Exzellenzinitiative ausgedehnt werden. Besonderes Augenmerk wird auch den Hochschulen der angewandten Wissenschaften gewidmet, für die zusätzliche Mittel bereitgestellt werden sollen (Stichwort Transfer von Forschungsergebnissen und Innovationen).

Weitere Informationen

Autor: don't panic

Über das Pseudonym: "Don't panic" ist auf das Cover des legendären elektronischen Reiseführers durch die Galaxis gedruckt, damit ein Anhalter keine Angst verspürt. - The British author Arthur C. Clarke said Douglas Adams' use of "don't panic" was perhaps the best advice that could be given to humanity. cf. Wikipedia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert